Mein Buch Mediale Lebensberatung, Erkenntnisse und Einsichten durch Medialität im Alltag ist z.Zt. bei verschiedenen Verlagen im Lektorat, zur hoffentlich baldigen Veröffentlichung.

 

Hier finden Sie die Einleitung und die ersten zwei Kapitel als Leseprobe.

 

 

 

Gabriele Heikamp

  

Mediale

Lebensberatung

 

Erkenntnisse und Einsichten

durch Medialität im Alltag 


 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Einleitung                                                                                                    3

 

Die Entdeckung meiner Hellfühligkeit                                                           19

 

Körperelementarwesen                                                                               36

 

Weltuntergang auf brasilianisch                                                                   50

 

Leni, oder wir wissen nicht,

wofür wir Heilenergie geben                                                                        68

 

Der Hausgeist und hoher Besuch                                                                  74

 

Guter Umgang mit sich selbst                                                                       89

 

Tierbegegnungen                                                                                      104

 

Schamanische Innenreise                                                                          129

 

Das Ja zum Leben                                                                                      139

 

Heilungsreise in den eigenen Körper                                                           157

 

Wandern auf dem Jakobsweg                                                                     167

 

Die Spinne im Bad                                                                                     192

 

Wahrnehmungsgruppen                                                                            205

 

 

 

 

 

Einleitung

 

 

Bei dem Wort Medialität denken viele Menschen zuerst an Tischerücken und ähnliche Phänomene, aber damit hat Medialität in Wahrheit wenig zu tun.

Dabei handelt es sich um Erscheinungen des Spiritismus, der abgeleitet vom lateinischen Wort „Spiritus“, was Geist bedeutet, sich zwar auch der Medialität und oft eines Mediums bedient, allerdings um Geister zu beschwören, hauptsächlich die von Verstorbenen, die sich dann mithilfe des Mediums sinnlich wahrnehmbar mitteilen sollen. Beim Herbeizitieren eines Geistes sowie einem in Trance befind­lichen Medium fehlt mir jedoch auf beiden Seiten die Bewußt­heit wie gleichermaßen der freie Wille.

Als Spiritualismus bezeichnet man gemeinhin auch jegliche spirituellen Lehren und Glaubenssysteme, der Begriff leitet sich hauptsächlich aus der Lehre des Spiritisten Allan Kardec ab. In Brasilien findet man eine große Anhängerzahl des Spiritismus, aus der Vermischung mit den afro-brasilia­nischen Religionen der ehemaligen Sklaven entstanden. Der Umbanda und Candomblé Kult speisen sich noch heute größtenteils daraus. Dabei ist das Medium meist in Trance, hat also keine bewusste Kontrolle oder Mitwirkung z.B. an automatischem Schreiben und dergleichen.

Das gezielte Herbeirufen von Geistern Verstorbener halte ich persönlich für nicht sinnvoll. Wenn ein Verstorbener dringend etwas mitteilen möchte, erscheint er von alleine, sucht sich geeignete Mittel und Wege und man muß ihn nicht extra herbeizwingen und beschwören. Für mich ist Bewusstheit und Bewußtsein gerade in der Medialtät und deren Anwendung und Nutzung von größter Wichtigkeit, weil dadurch mediale Ausagen überprüfbar und anwendbar sind und bleiben.

Vom lateinischen Wort Media, die Mitte abgeleitet, bezeichnet Medialität die Fähigkeit, in die (eigene) Mitte, in das Herz als unser wahres Wahrnehmungsorgan zu gehen, um sensitiv Informationen zu erhalten.

Da unsere Welt, auch wenn sie uns materiell erscheint, in Wahrheit aus Schwingung besteht, wohnt allem, jedem Baum, jedem Stein, jeder Zelle unseres Körpers und jedem Staubkorn, schwingendes lebendiges Bewusstsein inne. Das, was wir als uns selbst, als unsere Person mit ihrer Persönlichkeit empfinden, ist nur ein kleiner, in diese körperliche Welt ausgelagerter Teil eines viel größeren, nicht-körperlichen Seins, das wir wirklich sind.

Alles, was ist, ist lebendiges Bewusstsein, das also in allem und allen gleich vorhanden ist. Und es ist das, was die alten Ägypter Ra und Aton nannten, unsere heutigen Religionen als Gott, Allah, Brahma, Krishna, Buddhanatur, Liebe, unendliches Sein, als die Quelle oder Urkraft bezeichnen. Welchen Namen wir dem geben ist letztlich gleich, wichtig ist allein, daß es immer ein und dasselbe reine, ewig schwingende, lebendige Bewußtsein ist und diese Energie ist immer Liebe, Frieden, Glück, Freiheit, Wohlsein, Wertschätzung, und sie ist vollkommen positiv.

Wie könnte das Göttliche jemals etwas anderes sein als das?

Das allein ist für unser momentan noch recht begrenztes, menschliches Bewußtsein schon schwer zu begreifen, denn wir kennen in dieser, unserer zweipoligen Welt ja nur die bekannten Gegensätze von positiv und negativ, hell und dunkel, Tag und Nacht usw., weil wir in der Trennung leben und alles getrennt erfahren. Unser Verstand trennt die an sich ganzen Dinge in zwei Hälften, deshalb spricht man ja auch vom unterscheidenden Bewußtsein.

In der Schöpfungsgeschichte der Bibel ist das symbolisch durch den Baum der Erkenntnis von gut und böse dargestellt. Von dem es uns übrigens nicht verboten war, zu essen, sondern es hieß, „wenn ihr davon esst, werdet ihr des Todes sterben“.

Damit war die Konsequenz dieser Handlung des Essens der Früchte gemeint, welche erst die Entwicklung des unterscheidenden Bewusstseins erzeugt, das in Leben und Tod, gut und böse, hell und dunkel aufteilt. Symbolisch wurde das auch als „Fall“ bezeichnet.

Wir durften alles tun im sogenannten „Paradies“ oder auch „Garten Eden“, wo wir in der Einheit der göttlichen Urkraft lebten. Es war kein Verbot sondern ein Gebot.

Da aber jede Handlung, wie wir wissen, Konsequenzen hat, war die Konsequenz davon, daß wir uns vom göttlichen Urquell abspalteten und zwar freiwillig, nicht wie es uns teilweise als Bestrafung, Rauswurf aus dem Paradies oder eben als Fall dargestellt wird.

Wie kann ein geistiges Wesen, daß Gott selbst und ewiges, lebendiges Bewußtsein ist, „fallen“?

Wie kann Gott, der bedingungslose, reine und endlose Liebe ist, strafen?

Wir, und damit im Grunde das göttliche Sein selbst wollte sich, (auch) in der Trennung erfahren, um sich nach diesem evolutionären Entwicklungsschritt wieder, reich an Erfahrungen über dieses Getrenntsein, mit der Einheit rückzuverbinden. Denn nichts anderes bedeutet der Begriff Religion, vom lateinischen Wort religio – ich verbinde (mich) zurück“.

Auf welche Weise und mit welcher Methode diese Rückverbindung stattfindet, ob in Form des Christentums, also des christlichen Wegs, des buddhistischen, isla­mischen oder eines anderen Wegs, ist letztlich gleich. Es gibt unendlich viele Wege und Methoden dieser Rück­verbindung, so viele wie es Seinsformen gibt. Und jede ist richtig, wenn sie den, der sie wählt, denn dorthin führt, wo wir und damit das göttliche Sein in uns, hinwollen.

Richtig und falsch sind nur Bewertungen unseres begrenz­ten menschlichen Verstandes, der die Einheit nicht erfas­sen kann und immer trennt. Deshalb streiten die Menschen um Religionen, darum, wer Recht hat und wer nicht und führen sogar Kriege deswegen. Dabei gibt es in Wirklichkeit nur eine Wahrheit und die umfasst alles und eint alles. Der in unserem Sprachgebrauch gebildete  Plural  der „Wahr­heiten“ ist somit nicht ganz korrekt, denn er bezeichnet nur unsere getrennten Sichtweisen und Meinungen. Diese sind aber, da persönlich gefärbt und dem begrenzten mensch­lichen Verstandesbewußtsein entspringend, sehr relativ, also eben gerade nicht allumfassend oder allbewußt.

Auch die Medialität ist in meinen Augen eine dieser Me­thoden, einer dieser Wege zur Rückverbindung. Denn sie führt beinahe unwillkürlich zur Spiritualität, die im weitesten Sinne ja Geistigkeit bedeutet, im engeren Sinn auch Geistliches. Im spezifisch religiösen Sinn charakterisiert Spiritualität eine auf das Geistliche ausgerichtete Haltung, die immer auch für die Vorstellung einer geistigen Verbin­dung zum Transzendenten, der Unendlichkeit oder auch dem Jenseits steht.

Medialität ist Teil dieser geistigen Haltung, mit der wir uns mit dem Unendlichen, Gott, der Urkraft oder dem Tranzen­denten wieder rückverbinden.

Ein Medium ist Mittler im Kontakt mit Schwingungen oder der Energie der geistigen Welt, geistigen Wesenheiten, auch Verstorbenen oder anderen Seinsformen wie z.B. Tieren, Elementargeistern, Pflanzen usw.

Wie kann man als Medium Kontakt mit Verstorbenen oder Elementarwesen haben und dabei nicht etwas unsichtbares Größeres hinter allem Sichtbaren, also einen Schöpfungsplan, empfinden, der alles auf ganz wunderbare Weise zusammenfügt und wirken lässt?

Diese Rückverbindung ist aber keine Rückkehr, denn der größere Teil unseres nicht-körperlichen Seins, dessen wir uns als Menschen nur (noch) nicht bewusst sind, ist immer noch und immer weiter im unendlichen Sein fokussiert. Es ist höchstens ein Sich-wieder-erinnern dieser Einheit,  deren wir uns in unserem abgekapselten, zweipoligen irdisch-menschlichen Bewußtsein nur nicht mehr voll bewusst und gewahr sind.

So sind WIR in Wahrheit Schöpfer, sind Gott selbst, sind schöpferisches Bewußtsein, das kreiiert und zwar in jedem Augenblick, weil es unbegrenzt und ewiges Wachstum ist. Wir erschaffen tatsächlich unsere Realität, in der wir leben, unsere Lebensumstände und alles, was uns begegnet und widerfährt, aber meist tun wir das unbewußt.

Es ist ja bekannt, daß wir nur den allerkleinsten Teil z.B. unseres Gehirns nutzen.

Wenn wir unbewußt also schon Bäume und Steine außerhalb von uns „materialisieren“ können, weil sie in Wahrheit in uns sind, was können wir dann erschaffen, wenn wir voll bewusst sind?

So aber leiden wir unter Krankheiten und Schicksals­schlägen, die wir von außen kommend wähnen. In Wahr­heit existieren sie jedoch zuerst in uns selbst, weil wir sie dort erschaffen und zwar dadurch, wie wir denken und fühlen. Wir denken und fühlen aber nun einmal so, wie wir es als Menschen in diesem, hier in der körperlichen Welt inkarnierten, begrenzten Sein, eben tun. Das ist mensch­lich, zutiefst menschlich, verständlich und nachvollziehbar.  Wir haben es eben nicht anders gelernt und weder unsere Eltern, noch Autoritäten, Religionen oder unsere Gesell­schaft haben uns Anderes gezeigt.

Auf die Suche nach der Wahrheit muß sich jeder selbst begeben. Und es heißt, wer zur Quelle will, muß gegen den Strom schwimmen.

Worauf wir den Fokus unseres Bewußsteins lenken, das erschaffen wir. Denn Energie folgt immer der Wahr­nehmung. Worauf wir also unsere Energie richten, worüber wir nachdenken und was wir fühlen, das ziehen wir an, ziehen es in unser Sein hinein.

Und wie oft denken wir Dinge, die wir eigentlich gar nicht denken wollen und wundern oder ärgern uns dann, wenn es in unserem Leben genauso kommt und stattfindet, wie wir es vorher schon gedacht haben. Das ist dann nicht, wie irrtümlich oft angenommen, die Bestätigung unseres Den­kens und unserer Erfahrung, sondern es ist in Wahrheit das Resultat unseres Schöpfens, für das wir aber keine oder wenig Verantwortung übernehmen. Weil wir es eben unbe­wußt gedacht und erschaffen haben und es in der Getrenntheit unseres Verstandes als nicht zu uns gehörig, als getrennt von uns, erleben.

Unsere Erklärungen entspringen unseren menschlichen, und damit endlichen Interpretationen von Vorgängen aus dem unendlichen Sein. Das fällt uns schwer zu begreifen, vor allem mit unserem Verstand. Denn er ist nicht das geeignete Instrument dafür.

Unser Herz aber ist als „verkanntes und unterschätztes“ Wahrnehmungsorgan das richtige Instrument dafür, weil allein unser Herz zu ganzheitlicher Wahrnehmung fähig ist. Unsere Gefühle und Emotionen sind der Zugang dazu. In Wahrheit sind unsere Emotionen ein wunderbares Bio-Feedbacksystem, das uns in jedem Augenblick zeigt, ob und wie wir mit unserem wahren Selbst mit diesem ewigen lebendigen Sein, das wir auch sind, und das gleichermaßen Gott ist, verbunden sind.

 

Medialität ist also die Fähigkeit eines Mediums, eines sensitiven Menschen, der gelernt hat, sich mit diesen Schwingungen zu verbinden, diese zu empfangen und zu deuten. Dabei steht die Mittlerfunktion des Mediums im Vordergrund, also seine Fähigkeit, sich selbst zurück­zustellen und als neutraler Kanal für  diese Schwingungs­übermittlung  zu fungieren, ebenso wie bei geistigem Heilen. Auch dort stellt man sich als Kanal für die Heilkraft, die Teil des unendlichen göttlichen Seins und damit Teil von jedem ist, zur Verfügung, um sie auf einen anderen zu übertragen, in ihn einfließen zu lassen und damit dessen eigene Selbst­heilungskräfte zu aktivieren. Denn diese  schlummern in jedem Menschen, manchmal brauchen sie nur einen kleinen Anstoß. Die größte und wahre Heilkraft im Universum ist die Liebe, die sozusagen Gottes zweiter Name ist, seine grundlegendste Eigenschaft und Qualität.

 

Im Grunde bezeichnet Medialität die Fähigkeit jedes Menschen zur inneren Wahrnehmung mit seinen Hell­sinnen. Denn jeder unserer fünf Sinne, sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen hat ein mediales Pendant, nämlich hellsehen, hellhören, hellriechen, hellschmecken und hellfühlen. Da die meisten Menschen ihre Hellsinne wenig bis gar nicht gebrauchen, sind sie nicht so gut ausgebildet und trainiert. Aber jeder kann es erlernen und damit üben, um die eigene innere Wahrnehmung zu ver­bessern und zu verstärken.

 

Einen Teil dieser inneren, medialen Wahrnehmung kennen wir alle, denn was wir Intuition nennen, ist in Wahrheit Inspiration durch einen unserer Hellsinne.

Dieses spontane innerliche Wissen oder Handeln aus inneren Impulsen heraus können wir zwar weder mit unserem Verstand erklären noch begründen, aber es hat wohl jeder schon einmal die Erfahrung gemacht, daß dieser erste unmittelbare Gefühlseindruck  von einem anderen Menschen bspw. oder einer Situation sich später als richtig herausgestellt hat. Nur hören wir meist nicht darauf und folgen diesen Impulsen selten, denn dem Verstand erscheinen sie unlogisch, weshalb er sie gerne anzweifelt und verwirft. In Wahrheit gibt uns aber unsere innere Bilderwelt, die wir uns mit der Medialität erschließen lernen, gute und hilfreiche Informationen, Situationen besser zu verstehen und auch lösen zu können. Wir müssen nur die richtigen Fragen stellen und dann auf die Antwort aus unserem Inneren lauschen.

 

Dazu gibt es eine schöne und einfache Geschichte.

Ein Geschäftsmann machte zusammen mit einem Partner ein neues Geschäft auf. Als er diesen das erste Mal zu sich nach Hause einlud und seiner Familie vorstellte, geschah Folgendes: Sein Hund, sonst ein liebes und braves Tier, das normalerweise kein Problem mit Besuchern hatte, knurrte und bellte den Geschäftspartner derart an, daß man ihn in ein Zimmer wegsperren musste, denn er wollte sich gar nicht mehr beruhigen.

Das war dem Mann sehr peinlich und er entschuldigte sich vielmals bei seinem neuen Partner. Er wisse gar nicht, was in den Hund gefahren sei, so etwas mache er normalerweise nicht und es sei bisher auch noch nie vorgekommen. Das Verhalten des Hundes war weder erklärbar noch nachvollziehbar.

Die beiden Männer eröffneten ihr Geschäft und binnen zwei Jahren florierte es zu einem erfolgreichen Unternehmen. Mehrmals versuchte der Mann noch, den Geschäftspartner mit nach Hause zu bringen, musste dann aber Abstand davon nehmen, denn jedesmal wiederholte sich das Gleiche. Der Hund knurrte, kläffte und bellte den Geschäftspartner an, beruhigte sich nicht und war auch durch nichts von seinem Verhalten abzubringen.

Nach einem weiteren Jahr, das Geschäft war inzwischen ein voller Erfolg, verschwand der Partner eines Tages spurlos und hatte, wie sich dann herausstellte, den Mann um ein erhebliches Vermögen betrogen.

Trotz scheinbarer Harmonie und guter Verständigung sind Worte geduldig und es kann einer viel sagen, was nicht wahr ist und was er nicht meint, wenn der Tag lang ist.

Wir haben oft den Zugang zu unserer inneren Wahrnehmung und Intuition verloren oder er ist vom Verstand verstellt, so daß wir evtl. auch nicht mehr merken, wenn jemand uns anlügt oder schlechte Absichten hat.

Der Hund hatte das von Anfang an „gerochen“ oder besser gesagt, gespürt, und wollte seinen Herrn vor diesem Menschen warnen, deshalb hat er ihn stets so vehement verbellt.

 

Tiere verfügen vollkommen über ihre Hellsinne, da kein Verstand sie davon abhält, auf ihre Wahrnehmungen auch zu reagieren. Durch seine über Jahrtausende gewachsene Nähe zum Menschen ist der Hund unser treuer Begleiter, Wächter und auch Hüter geworden. Er warnt uns vor Feinden oder Gefahr, die er noch ganz unmittelbar wahr­nimmt.

Hunde sehen, wie viele andere Tiere auch, den Astral­körper des Menschen und nehmen wahr, was darin an Gefühlen, Neigungen und Absichten schwingt. So konnte der Hund die unguten Absichten des Partners schon spüren, bevor der Betrug stattfand, und er versuchte mit seinem Verhalten nur, seinen Herrn zu warnen. Der verstand die gute Absicht leider nicht, sondern schämte sich noch für das ungehörige Verhalten seines Hundes und sperrte ihn weg.

 

Wir Menschen haben grundsätzlich die gleiche sinnliche Grundausstattung wie Tiere, auch wenn diese über weitaus ausgeprägtere Tast-, Hör-, Riech- und Schmecksinne usw. verfügen. Diese Sinne und ihre hellsinnlichen Pendants sind für die Tiere in freier Wildbahn überlebensnotwendig. So warnt die Tiere ihr inneres Empfinden oft vor Stürmen, Überflutungen und dergleichen und sie ziehen schon rechtzeitig in andere Gebiete fort.

Wir Menschen verlassen uns heutzutage lieber auf unseren Verstand oder die Technik und glauben, damit alles abwägen, prüfen und beurteilen zu können. Doch haben unser Gefühl und unsere Hell­­sinne einen sehr viel direk­teren Draht zu allen energetischen Schwingungen, atmos­phärischen Veränderungen usw., als wir uns vorstellen.

Wir gehen zwar ins Fitneßstudio, um unseren Körper und seine Muskeln zu trainieren, sie beweglich, gesund und funktionstüchtig zu erhalten, bei unserer heutigen, weit­gehend nicht mehr ursprünglichen Lebensweise der sitzen­den Tätigkeiten in Büros, aber für unsere Psyche und unser Gefühl tun wir wenig bis gar nichts.

Dabei sind sie genauso gute Werkzeuge wie die Muskeln des Körpers und auch sie brauchen Training und Übung, um funktionstüchtig und gesund zu sein. Kreuzworträtsel oder Sudoku mag für den Verstand eine gute Übung sein, um nicht einzurosten, aber unsere Sinnes- und Wahr­nehmungsorgane brauchen auch Übung, um funktions­tüchtig zu sein.

 

Medialität tut genau das, nämlich die Hellsinne schulen und üben, unsere Treffsicherheit im Erkennen von Schwingungen und ihren Informationen zu erhöhen, richtig deuten zu lernen und auch eine Lösung zur Verbesserung aufzuzeigen. Unser Herz als Wahrnehmungsorgan und unsere Gefühle als Schwingungsmesser sind der Zugang zur uns oft noch unsichtbaren geistigen Welt. Interessanterweise ist das Herz auch das einzige Organ, das keinen Krebs bekommt. In wissenschaftlichen Studien vom Heartmath Institut wurden die vom Verstand und die vom Herzen aus­gehenden Schwingungen gemessen und miteinander verglichen. Dabei stellte sich heraus, daß unser Herz einen viel größeren Ausstrahlungsradius und eine weitaus höhere Schwingung hat als unser Verstand. Auch der bekannte Autor Antoine de Saint-Exupery sagt in seinem Buch der kleine Prinz sehr treffend über die dem Herzen inne­wohnende Intelligenz: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“

 

Trotzdem verlässt sich der moderne Mensch lieber auf seinen Verstand und versucht das, was ihm begegnet, damit zu erfassen und zu verstehen. Dabei ist rationales Denken nur die eine Hälfte unserer Welt. Die andere besteht aus Gefühl und erst zusammen ergeben beide, wie im Yin-Yang Zeichen so gut dargestellt, eine Einheit.

In England hat Medialität ein viel längere Tradition, viele bekannte Medien stammen von dort und es gibt in England auch schon lange mediale Ausbildungen, z.B. am Findlay College. Medialität ist in England sogar Teil der Kirchen­kultur und es ist dort üblich, in den Gottesdiensten der spiritistischen Kirche mediale Botschaften, z.B. von Verstor­benen, zu übermitteln und auch Heilenergie zu übertragen.

 

Ich selbst bin auf Umwegen erst in späteren Jahren zur Medialität gekommen und es hat eine Weile gedauert, bis ich es auch angenommen habe. Denn anfangs und früher, als ich, wie so viele Menschen, versuchte, mein Leben die ersten vierzig Lebensjahre mit dem Kopf zu meistern, hielt ich das für Unsinn und Humbug.

Ich hatte eine gute Schulbildung mit Abitur und Hochschul­ausbildung hinter mir, die den Verstand forderte und trainierte. Da ich künstlerisch begabt war und Grafik stu­dierte, kam glücklicherweise noch das Kreative dazu, das sich viel aus der Intuition speist und dem Verstand nicht direkt steuerbar zugänglich ist. Denn allein mit dem Kopf kann man kein Bild malen oder eine Werbeanzeige ge­stalten. Die zündende Idee als Grundlage einer Werbe­kampagne kommt meist nicht aus dem Kopf sondern aus der Intuition und dem Gefühl, dem sogenannten „Bauch­gefühl“, oft sogar schon aus einem halb visionären, inneren Bildersehen, das zum Hellsehen gehört. Es gibt zwar viel psychologisches Hintergrundwissen und Marketinggrund­sätze, wie man etwas gestalten muß, damit es wirkt, doch sind die besten Beispiele oft ganz anders entstanden, nämlich völlig außerhalb der normalen rationalen Schienen des Gelernten und der Theorie.

Während meines Studiums verging mir jedoch die Lust am Malen und Kreativsein, denn es wurde alles beurteilt und bewertet, mit den Arbeiten anderer verglichen und man bekam Noten und wurde damit ein- oder abqualifiziert, so daß ich in meinen Berufsjahren privat nichts mehr malte oder zeichnete. Es lag soviel Leistungsdruck auf dem kreativen Ausdruck, daß ich keine Lust mehr verspürte, irgendetwas zu produzieren, was hinterher von anderen beurteilt würde. Im Grunde war das die Fortführung der schulischen, kopfbetonten Ausbildung, denn es folgt alles einem fest vorgegeben Ziel und Zweck und wird benotet, belohnt oder bestraft.

Daß dies nicht die Methode wahren motivierenden Lernens ist, habe ich am eigenen Leibe erfahren und es hat mir jahrelang die Freude am Malen verstellt.

Kreativität braucht den freien Fluß, ohne Ziel und Zweck und gerade so entwickeln sich oft die besten Ideen. Das weiß die Werbung auch, aber sie hat es instrumentalisiert und man sitzt dann in Werbeagenturen beim „Brain­storming“ zusammen, um diesen Ideen hinterherzujagen und sie einzufangen, für möglichst großen Erfolg und Profit. Viele kreativ Arbeitende in dieser Branche sind von alldem so ausgebrannt, daß ihnen kaum noch etwas einfällt und sie voneinander abschauen. Obendrein gibt es in Wahrheit kaum etwas völlig Neues unter der Sonne, denn alles ist in irgendeiner Form schon einmal dagewesen.

Es gab einmal einen Rechtsstreit zwischen zwei großen Werbeagenturen, weil beide unabhängig voneinander, fast zur gleichen Zeit, zwar mit zwei verschiedenen Kam­pagnen, aber derselben Idee und fast demselben Bild an die Öffentlichkeit traten. Am Ende stellte sich heraus, daß die Creativdirektoren beider Agenturen am selben Urlaubs­ort und sogar im selben Hotel gewesen waren, von wo aus sie beide aus ihren Fenster auf dasselbe Werbeplakat ge­schaut hatten. Dadurch hatten sie sich zu „ihrer Idee“ für die jeweilige Kampagne „inspirieren“ lassen.

Medialität und Kreativität haben viel miteinander gemein, sie nutzen beide die Intuition oder Inspiration der Innenwelt, ohne die Einmischung des kopfbetonten Verstandes. Dem inneren Gefühl folgend und ohne Leistungsdruck, Ziel oder vorgegebenen Zweck, erreichen sie trotzdem ihr Ziel. Sie liefern uns zum Teil völlig neue, ungewohnte Sichtweisen und Lösungen, auf die der Verstand nie gekommen wäre.

 

Als ich mit Medialität bewusst in Kontakt kam, saß ich im Krankenzimmer meines an Krebs sterbenden Mannes und hatte während des Sterbbegleitprozesses solche inneren Wahrnehmungen, wie z.B. seine Stimme in mir zu hören, obwohl er gerade tief im Morphiumschlaf war.

Später habe ich mich dann auch wieder daran erinnert, daß ich als Kind schon solche Wahrnehmungen hatte. Ich hatte beispielsweise einen unsichtbaren Freund, mit dem ich oft nach der Schule herumbummelte, lachte, erzählte und spielte. Für mich war das ein ganz normales Kind, mit Schulranzen auf dem Rücken, wie alle anderen auch, und mir selbst war der Unterschied nicht bewußt. Ich wusste sogar seinen Namen und sprach ganz normal mit ihm wie mit jedem anderen. Wenn ich zu spät nach Hause kam und deshalb gescholten wurde, sagte ich jedesmal, ich sei mit diesem Freund zusammen gewesen und da ich sogar seinen Namen angeben konnte, dachten auch meine Eltern und Geschwister, es sei irgendein anderes Schulkind. Als ich wieder einmal wegen Verspätung ausgeschimpft wurde und erklärte, ich sei mit diesem Freund zusammen ge­wesen, sagte meine älteste Schwester plötzlich: „Das stimmt doch gar nicht. Du lügst, ich hab dich vor dem Schaufenster des Dorfladens gesehen und du warst allein.“ Daraufhin bekam ich erst einmal eine Ohrfeige, weil ich gelogen hatte, und so habe ich schnell gelernt, davon besser zu schweigen.

Heute weiß ich, daß ich mit einem verstorbenen Schulkind befreundet und zusammen war, das anscheinend nur ich sehen und mit ihm sprechen konnte, die anderen aber nicht. Soweit ich mich erinnere, war es immer schön, ich hatte eine wunderbare Zeit mit ihm, habe mich wohl gefühlt und war froh und glücklich, einen Freund nur für mich zu haben. Als jüngstes von fünf Geschwistern hatte ich nicht allzu viel für mich allein, denn wir mußten nun einmal alles teilen.

In der Schule hatte ich zwei Freundinnen, von denen keine nur allein meine Freundin war. Immer waren zwei gerade gut miteinander und die dritte stand außen vor und fühlte sich abgeschoben. Weil das aber immer wieder wechselte und jede einmal außen vor blieb oder plötzlich wieder die beste Freundin von einer aus dem Trio war, machte ich das lange mit. Ich war froh, überhaupt Anschluß und etwas Nähe und Freundschaft zu haben, auch wenn diese Freundschaft recht schwankend war.

Ich wusste auch einmal, als ich schon etwas älter war, ohne gefragt oder es von anderen gehört zu haben, den Vor- und Nachnamen eines jungen Mannes aus dem Schwimmbad, für den ich heimlich schwärmte. Dafür gab es ebenfalls keine Erklärung und wie sich später herausstellte, war es tatsächlich sein richtiger Name.

Ein anderes Mal erinnere ich mich, daß ich zu Ostern, schon ganz in der Vorfreude auf das bevorstehende Fest und die Schokoladeneier, im Wohnzimmer einen großen Hasen mit einem Tragekorb voll Eiern auf dem Rücken gesehen habe. Er verschwand jedoch hinter dem Schreib­tisch meiner Mutter, als jemand anderes dazukam und das Zimmer betrat. Immer und immer wieder habe ich nach der geheimen Falltür im Boden gesucht, durch die er, meiner Meinung nach, verschwunden war.

Heute weiß ich, daß zusammengeballte Gedankenformen vieler Menschen, da sie Energie sind, die ja bekanntlich nicht verloren geht, sich tatsächlich zu Formen und Wesenheiten zusammenziehen können, die Hellsichtige auch wahrnehmen und sehen. Mit fortschreitendem Alter, weiter­er Schulbildung und Training des Verstandes verloren sich diese Wahrnehmungen aber wieder.

Nur einmal, während meines Studiums, erinnere ich mich noch an solch eine Wahrnehmung. Ich hatte einen sehr interessanten Professor, der Zeichnen unterrichtete. Es war ein kleiner, zierlicher Mann mit dichtem grauen Haar und einer enormen Stirntolle, der unglaublich viel rauchte, so daß er schon ganz gelbe Finger hatte. Er hatte sehr hohe Ansprüche, keiner konnte es ihm beim Zeichnen recht machen und immer fand er etwas auszusetzen.

Hinter seinem Rücken erzählten meine Kommilitonen, er sei Anthroposoph. Ich wusste damals gar nicht, was das ist und informierte mich erst einmal darüber. Weil mich dieser Mann aber immer irgendwie beeindruckt hat, habe ich sogar angefangen, Rudolf Steiners „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten“ zu lesen. Die lang­wierige und etwas umständliche, mir verwickelt erschei­nende Sprache hat dann aber meine jugendliche Ungeduld sehr strapaziert und ich habe das Buch schnell wieder in die Ecke gelegt.

Als wir zu einer Studienfahrt nach Padua in Italien fuhren, um dort die berühmten Kunstwerke und Malereien zu studieren, begleitete er uns zusammen mit noch einem anderen Professor als Aufsichtsperson. Wir waren in einem kleinen Hotel untergebracht, das hinter dem Haus ein verwildertes, verwunschen wirkendes Gärtchen hatte. Als ich einmal morgens sehr früh aufwachte und aus dem Fenster hinunter in dieses Gärtchen schaute, sah ich den Professor dort sitzen, natürlich mit einer Zigarette. Er saß  unter einem Baum mit überhängenden Ästen auf einem weißen, altmodisch verzierten, schmeideeisernen Garten­stuhl, und ich sah zu seinen Füßen im Gras huschende Bewegungen. Ich sah förmlich die Elfen um seine Füße herumfliegen und das Lustige war, daß der Mann mit Namen Elfers hieß. Wenn das nicht passte.

Elfen sind sehr klein, ungefähr so groß wie ein Finger, und da sie meistens in Bewegung sind und mit ihren Flügeln umherschwirren, nimmt man von ihnen oft nur hier ein Ärmchen und da ein Beinchen oder einen Flügel wahr.

Als ich später, nachdem ich meine Hellfühligkeit im Sterbe­begleitprozeß meines Mannes entdeckt und dann auch endlich angenommen habe, anfing anthroposophische Bücher zu lesen, viele auch über Elementarwesen, er­innerte ich mich wieder an diesen verzauberten Moment und war mir sicher, ja fand es auf eine andere, neue Art auch ganz logisch, daß zu seinen Füßen die Elfen herumhuschten.

 

 

 

Die Entdeckung meiner Hellfühligkeit

 

Entdeckt habe ich meine Hellfühligkeit, als ich mich unver­sehens in der Sterbebegleitung meines geliebten Mannes fand. Gerard war meine große Liebe, wir sind uns zwar erst spät im Leben begegnet, aber wir haben vier wunderbare, erfüllte Jahre miteinander verbracht. Kurz nach unserer Hochzeit erkrankte er an Krebs und starb innerhalb von einem halben Jahr. Unsere letzten vier Wochen verbrach­ten wir zusammen in einem Zimmer im Krankenhaus, in das man mir ein Bett hineinschob, damit ich bei ihm sein konnte ich. Dafür bin ich heute sehr dankbar. Er hatte in einer anthroposophischen Klinik liegen wollen, was sich als gut und richtig erwies. Denn ich bekam das Gefühl, dass sie dort tatsächlich etwas vom Sterben verstanden.

Es gab Menschen, die zu den Kranken und Sterbenden ins Zimmer kamen, sich still dazusetzten und für sie auf einer kleinen Harfe spielten. Es waren Anthroposophen, wie ich später erfuhr, die in dem Krankenhaus auf diese Weise mithalfen. Das erste Mal, als ich das erlebte, war noch im Mehrbettzimmer und eigentlich für den Bettnachbarn mei­nes Mannes gedacht. Die Musik war beinahe überirdisch schön, so sanft und tragend, aber ich dachte: „Wie können Sie so eine jenseitige Musik spielen, während der Mensch noch warm ist? Er lebt doch noch!“ Ich fühlte Wut in mir aufsteigen. Beim nächsten Mal lag mein Mann schon im Einzelzimmer und als ich dieselbe Harfenmusik wieder hörte, war ich nur noch froh, dass jemand etwas so Schönes für die Seele meines über alles geliebten Gerard tat, denn für seinen Körper konnte niemand mehr etwas tun. Und diesmal klang es verheißungsvoll und schön und tröstete auch mich. Das Einzelzimmer, in dem wir am Schluss zusammen sein durften, hatte keine Aussicht, der Blick ging auf einen kleinen, etwas tristen Innenhof, doch das war nicht wichtig. Sterbende brauchen keine Aussicht mehr, sie sehen sowieso fast nur noch nach innen. Außer da und bei ihm zu sein, konnte ich nichts mehr für ihn tun.

Wie viele Menschen hatte auch ich, fast bis zur Lebens­mitte versucht, mein Leben mit dem Kopf zu meistern. Doch ich hatte nicht das Gefühl, dass mich das irgendwohin geführt hätte. Ich saß dort am Krankenbett, das langsam aber sicher zum Sterbebett wurde und war mit meinem Latein am Ende. Schon während seiner Krebserkrankung hatte ich mich von einigen Vorurteilen und alten, vorge-fertigten Meinungen getrennt. Sogar eine Geistheilung hatte ich beauftragt, ich wollte einfach alles versuchen. Gerard war mein Ein und Alles und ich konnte es kaum aushalten, untätig zusehen zu müssen, wie er neben mir immer weniger wurde und verging. Jetzt, als die Schulmedizin mit ihrem Latein genauso am Ende war und ihm nicht helfen, ihn nicht am Leben erhalten konnte, gab es nichts zu verlieren. Es dauerte aber noch eine Weile, bis ich wirklich begriff, dass er nicht mehr mit mir zurück nach Hause kommen würde. Am Ende verließ ich die Klinik mit einer Tasche voll einigen seiner Kleidungsstücke, das war alles, was von ihm übrig blieb. Doch bis dahin klammerte ich mich an jeden Strohhalm der Hoffnung und wollte bis zum Schluss nicht aufgeben.

 

Aber langsam, Stück für Stück, innerhalb meines nun sehr kleinen Lebensradius in der Klinik, kamen neue Einsichten, Worte von anderen oder auch Hilfe, wie von allein oder wie von Geisterhand gesandt zu mir, zu uns ins Kranken­zimmer. Das erste war eine Geschichte, die mir die Schwestern erzählten und die mich tief berührte und innerlich beruhigte. Meine  Angst, mein geliebter Gerard könnte sterben, wenn ich gerade nicht im Zimmer war, ließ mich beständig an seinem Bett sitzen. Und während ich ihm beim Sterben zuschaute und wir, wann immer die Mor­phiumpumpe es zuließ, noch wach und bewusst mitein­ander sprechen konnten, wollte ich in seinen letzten Tagen nur noch, dass er endlich gehen könnte, keine Schmerzen mehr hätte und frei vom Gewicht und dem Leid des Körpers sei. Ihn leiden zu sehen, brach mir fast das Herz. Lieber wollte ich, dass er schnell und noch möglichst glücklich stürbe, als sich lange quälen zu müssen. Das war aller­dings gar nicht so einfach, denn er hatte gesund gelebt, weil es ihm Spaß gemacht hatte, hatte sich gesund ernährt und Sport getrieben, war Fahrrad gefahren und war für sein Leben gern geschwommen, am liebsten im Meer. Fast bis zum Schluss hatte er deshalb noch erstaunlich viel Kör­perkraft.

Ich war so darauf fixiert, bei ihm zu sein, um im Moment des Todes wenigstens seine Hand halten zu können, dass ich das Zimmer kaum noch verließ, in der Angst, ich könnte den Augenblick verpassen. Das war der Moment, in dem mich die Schwestern der Station ansprachen und mir sagten, ich könne nicht immer neben meinem Mann im Zimmer hocken. Ich müsse auch einmal hinaus, spazieren­gehen und etwas für mich tun. Als ich ihnen gestand, wes­halb ich nicht rausgehen wollte, erzählten sie mir die Geschichte einer alten Dame, die auf ihrer Station an Krebs gestorben war. Von der Familie wieder einmal ins Kranken­haus gebracht, schien die alte Dame eigentlich noch ganz gut beieinander. Die Familie, die sie schon lange pflegte, fuhr daraufhin zwei Wochen in Urlaub. Danach  besuchten sie ihre Mutter natürlich sofort wieder, waren aber von ihrem verschlechterten Zustand so schockiert, daß sie das Zimmer schon nach wenigen Minuten wieder verließen. Die Frau ging mit dem Kind erst einmal auf die Toilette und der Mann musste eine Zigarette rauchen. Als sie danach wieder hereinkamen, war die alte Dame still und leise gestorben. Aber sie hatte solange gewartet, bis ihre Familie aus dem Urlaub zurückkam, damit sie sie noch einmal sehen konnte. Und sie musste gespürt haben, dass es für ihre Familie zu viel und  zu schwer war, bei ihrem Tod dabei zu sein. So war sie still und alleine gegangen, nachdem ihre Angehörigen das Zimmer verlassen hatten. Die meisten Menschen sterben lieber allein, sagten mir die Schwestern aus ihrer Erfahrung. Wenn die ganze Familie ums Bett herum steht und mitleidet, können die Sterbenden oft nicht so gut loslassen und gehen.

So traurig das auch in meinen Ohren klang, es hat mich doch sonderbar und tief beruhigt. Denn von da an wusste ich, daß nicht ich, sondern Gerard entschied, ob ich bei seinem Tod dabei war. Von da an hatte ich keine Angst mehr, den Augenblick zu verpassen, verließ das Zimmer ganz beruhigt und gab mich dem ganzen Geschehen mehr und mehr anheim. Schon längst fühlte ich mich in etwas weitaus Größeres eingebunden, als mein Verstand es begreifen konnte. Ich hatte aufgehört, dagegen zu rebellieren und schaute einfach nur noch zu, was geschah. Ich ver-suchte noch, es so schön wie möglich für ihn zu machen, und auch für mich, um es auszuhalten. Ich stellte Bilder auf und viele Blumen, sogar eine Kerze erlaubten mir die Schwestern.

  

Und es geschahen wunderbare Dinge, die mir halfen. Ohne es wirklich zu wissen oder zu begreifen, fühlte ich mich wie in Watte eingehüllt und auf wunderbare Weise beschützt und behütet. Als ich es am wenigsten vermutete, kam zum Beispiel eine junge Schwesternschülerin mit einem kleinen Topf  Rosenöl ins Zimmer, gab ihn mir und sagte: „Das ist ein Schwellenöl. Reiben Sie es ihrem Mann auf die Fuß­sohlen, damit er leichter hinübergehen kann.“

Während wir uns unterhielten, erzählte sie mir, daß sie den ersten Teil ihrer Ausbildung in einem Hospiz gemacht habe und daß sie am liebsten dorthin zurück wolle. Ich konnte das kaum glauben, ja, es erschreckte mich fast, aber als ich ihr daraufhin genauer ins Gesicht schaute, blickte ich in dunkle, wunderschöne und sehr tiefe Augen. Sie arbeite gern mit Sterbenden, sagte sie, es sei, auf eine besondere Art, so schön. Alles, was ich mir in dem Moment zu antworten abringen konnte, war: „Sie sind noch so ein junger Mensch und schon solch schwere Themen? Ich bewundere sie, ich weiß nicht, ob ich das könnte.“ Sie sagte, der Tod sei nicht schlimm, nur die Angst der Menschen davor. Die Verstorbenen sähen hinterher so entrückt, friedlich und schön aus, dass es sie tief berühre und sie könne daran nichts Schreckliches finden. Bei mei­nem Mann laufe ja alles sehr friedlich und harmonisch ab. Es gebe allerdings auch Menschen, die am Schluss grantig und unleidlich seien, sich aufbäumten und schrien. Das hatte ich nicht gewusst, eigentlich hatte ich bis dahin kaum etwas über den Tod und das Sterben gewusst. Und jetzt, da ich dabei saß und es hautnah miterlebte, bekam es tatsächlich eine eigene Größe und Würde, ja fast etwas Heiliges. Und ich dachte bei mir: „Irgendwie ist es genauso ein Wunder, wenn ein Mensch aus dieser Welt herausgeht, wie wenn er in sie hineinkommt, bei seiner Geburt.“

 

Über das Rosenöl war ich froh und dankbar, es war meine Erlösung und meine Rettung. Endlich konnte ich etwas tun, denn nichts war schwerer zu ertragen als meine eigene Hilflosigkeit. Ich wollte es möglichst bald auf seine Fuß­sohlen reiben. In seinen letzten Tagen mühte er sich immer mehr mit dem Atmen und seine Hände fassten wieder und wieder nach dem Haltegriff, rutschten aber immer ab und konnten ihn nicht festhalten. Das erschien mir, ob es nun im Morphiumschlaf oder wach stattfand, als herzzerreißende Anstrengung und tat mir in der Seele weh. Einmal war gerade eine Schwester im Zimmer, als er wieder vergeblich nach dem Griff langte. Weil ich es kaum mit ansehen konnte, sagte ich: “Lass doch den Griff, quäl dich doch nicht so.“ Sie sah mich an und sagte: „Helfen Sie ihm doch dabei und halten Sie seine Hand am Griff fest, damit er ihn an­fassen und halten kann.“ Auf die Idee war ich gar nicht ge­kommen. Mir war es nur wie eine unerträgliche Qual er­schienen, bei der ich kaum  zuschauen konnte. Und da war plötzlich die Lösung. Ich half ihm, den Griff festzuhalten und es schien ihm gut zu tun. Die Schwester sagte: „Manchmal möchte man gern noch einmal etwas festhalten und es ist traurig, wenn man es nicht mehr kann. Es tut gut, noch ein-mal etwas in den Händen zu spüren.“ Trotz aller Schwere der Situation war ich überglücklich, meinem lieben Gerard bei etwas helfen zu können.

Obwohl er hohe Morphiumdosen gegen die Schmerzen be­kam, war er aber, wenn er wach war, völlig klar. Manchmal sagte er allerdings Dinge, die ich damals noch nicht ver­stand, wie zum Beispiel, daß so viele Menschen im Zimmer seien, obwohl wir allein waren. Später erschien es mir jedoch ganz logisch, dass andere Seelen oder Geister mit im Raum waren, die ihn und mich begleiteten bei diesem letzten Gang. Und es war gut, dass ich immer mehr ins Gefühl, ins Fühlen kam, denn so stellte ich fest, dass wir auf einmal auf ganz anderen Ebenen miteinander kom­munizierten. Manchmal meinte ich, seine Stimme in meinem Kopf zu hören oder ich tat ganz unbewusst und intuitiv irgendwelche Dinge, die sich hinterher als richtig heraus­stellten.

In meiner Verzweiflung und immer noch in der wahn­sinnigen Hoffnung, es könne an der Krebserkrankung ir­gendetwas ändern oder helfen, hatte ich ihm einen stärkenden Energieanhänger umgehängt, den ich einmal gekauft hatte. Wie ich nun so an seinem Bett saß und zusah, wie er einerseits immer weniger wurde und sich an­dererseits doch so zu quälen schien, weil er noch soviel Körperkraft hatte, dachte ich innerlich bei mir: „Lass doch los. Stirb lieber und geh, als dich hier so quälen.“ Dabei fiel mein Blick auf den Anhänger und siedendheiß wurde mir klar, daß vielleicht genau das der Grund war, warum er es so schwer hatte, zu gehen. Ich hatte ihn ihm umgehängt, um ihm zu helfen, aber vielleicht hielt ihn genau dieser Anhänger jetzt hier fest, weil er sein letztes bisschen, ver­bleibende Energie noch stärkte. Ich hatte das Gefühl, ich müsse ihm den Anhänger abnehmen, stellte dann aber fest, daß ich es nicht konnte. Es erschien mir, als würde ich ihm etwas wegnehmen und ihn damit sozusagen dem Tod an­heimgeben. Wieder einmal hatte mich mein Verstand in eine Zwickmühle gebracht. Ich fühlte, was zu tun war, näm­lich den Anhänger abnehmen, und konnte es nicht, denn es erschien mir wie das Todesurteil. Und das wollte ich nicht aussprechen. Gerard war in diesem Moment nicht bei Be­wusstsein, aber seine Hand fuhr zu dem Anhänger, nestelte ihn sich über den Kopf und versuchte, ihn mir überzu­hängen. Dabei hörte ich in meinem Kopf klar und deutlich seine Stimme, die sagte: „Du brauchst das jetzt nötiger als ich!“ Und wie wahr das war. Es stimmte, ich brauchte diese Stärkung jetzt wirklich nötiger als er. Denn ich musste hier bleiben, im Leben, während er dabei war zu gehen, dorthin, wohin ich ihm nicht folgen konnte.

Eines Abends kam eine andere junge Krankenschwester ins Zimmer, das ich mit Blumen geschmückt hatte, sogar einen kleinen handgeschnitzten Holztukan aus Brasilien hatte ich aufgehängt. Denn dorthin waren wir immer so gern zusammen in Urlaub gefahren. Die schönsten Karten von Freunden standen rings um ihn herum, weil ich versuchte, es irgendwie,  sogar im Angesicht des Todes, noch so schön wie möglich zu machen.
Diese junge Schwester erzählte mir von ihrem Urlaub in der Türkei. Zusammen mit ihrem Freund hatte sie die Hagia Sofia in Istanbul besucht und zeigte mir ein paar Fotos, unter anderem ein scheinbar fehlbelichtetes gelborangefarbenes Bild einer halb abgeblätterten Darstellung des Engels Gabriel. Das Foto wirkte tröstend auf mich wie eine Lichterscheinung. Wenn man es aus einiger Entfernung anschaute, schien in der Mitte, dort, wo der Engel war, nur ein gelbes Strahlen von Licht zu sein. Zum Rand hin wurde es dunkler, orange bis fast braun und man erahnte nur, mehr als man sie sehen konnte, große Flügel, die eine Gestalt umrahmten. Weil ich es so schön fand, schenkte sie es mir und ich stellte es auf Gerards Nachttisch, von wo es mir und vielleicht auch ihm sein tröstlich gelbes Leuchten sandte. Wann immer ich es anschaute, gab es mir Mut, an etwas Größeres als den Tod zu glauben, an das ewig strahlende Leben hinter allem, das immer weitergeht, wenn auch die irdischen Formen vergehen und sich wandeln. Auf diese Weise war sogar der Engel Gabriel zu uns ins Zimmer gekommen.

 

Gerard konnte schon länger nicht mehr aus dem Bett auf­stehen und sagte immer öfter, daß er seine Füße gar nicht mehr spüre. Da fiel mir plötzlich ein, was mir ein lieber Freund, der Altenpfleger war, einmal erzählt hatte. Er sagte, daß es für Sterbende gut sei, da sie ja nicht mehr auf­stehen und mit ihren Füßen den Boden spüren konnten, noch einmal Bodenkontakt zu fühlen. Das könne man leicht mit einer zusammengerollten Decke am Fußende des Bettes erreichen, so daß die Füße einen Widerstand an den Sohlen spürten. Wie glücklich war ich, dass mir diese Er­leichterung für meinen Mann plötzlich, genau im richtigen Moment einfiel. Ich rollte eine Decke zusammen, stopfte sie ans Fußende des Bettes und er war dankbar dafür und sagte, wie gut es sich anfühle, seine Füße zu spüren.

Ich konnte mir kaum vorstellen, wie es war, solche für selbstverständlich genommenen Dinge wie den Bodenkon­takt der Füße und das Greifen der Hände nicht mehr aus­führen und spüren zu können, dieses Gefühl einfach nicht mehr zu haben. Aber nach und nach fügte sich alles und es kamen immer wieder Hinweise, Hilfe und Erleichterung, wie auf unsichtbaren Wegen, zu mir, zu uns ins Kranken­zimmer.

Am Schluss, als ich es kaum noch ertragen konnte, wie schwer ihm das Atmen fiel, fragte ich verzweifelt eine Schwester: „Wie lange geht das denn noch so?“ Denn ich wollte ihn lieber frei dieser körperlichen Qualen wissen als das noch länger mit ansehen zu müssen. Ich hatte den Eindruck, das sei bereits die Phase der sogenannten Schnappatmung, die das Endstadium ankündigt und von der ich schon gehört hatte. Natürlich durfte die Schwester mir offiziell nichts sagen, aber sie bedeutete mir doch, es könne sich nur noch um wenige Tage handeln, was mich entlastete.

Ich schickte eine SMS an seinen Bruder, in der ich ihm und seiner Frau schrieb: „Wenn ihr Gerard noch einmal sehen wollt, dann kommt bald.“ Am selben Abend öffnete sich die Tür des Zimmers und sein Bruder und dessen Frau kamen herein. Ich war froh, dass sie so schnell reagiert hatten, denn ich wusste, daß mein Mann seinen Bruder sehr mochte und ihn sicher noch einmal sehen wollte. Fast den ganzen Tag hatte er im Morphiumschlaf vor sich hinge­dämmert, in dem Moment aber, als sein Bruder das Zimmer betrat, war er hellwach und bei vollem Bewusstsein. Sie drückten sich die Hand und seinem Bruder entfuhr, erstaunt ob des kräftigen Händedrucks: „Du hast ja noch ganz schön Kraft.“ Woraufhin mein Mann erwiderte: „Das ist es ja.“ Es war unfreiwillig grotesk und doch so wahr. Erst später er­zählte mir meine Schwägerin, dass sie von allein ge­kommen waren, ohne meine SMS. Die hatten sie erst ent­deckt, als sie vom Krankenhaus wieder nach Hause kamen.

Ein anderes Mal, als ich zur Toilette ging, traf ich auf dem Weg dorthin eine der Putzfrauen der Station, eine einfache Frau aus dem Kriegsgebiet Jugoslawiens. Sie sprach wenig und nur gebrochenes Deutsch und sagte zu mir: „Deine Mann, gute Seele. Nie schimpfen, nie böse, obwohl so krank. Schlechte Männer leben und gute Mann muss sterben. Nicht gerecht, warum?“ Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich schaute sie nur mit Tränen in den Augen an, berührte sie am Arm und dankte ihr für ihr Mitgefühl. Dann fiel mir plötzlich eine Geschichte ein, die ich gelesen hatte, von den vielen übersinnlich begabten Kindern, die jetzt immer mehr und überall auf der Welt geboren wurden. „Vielleicht wird die Welt ja einmal besser“, sagte ich und erzählte ihr diese Geschichte von einem kleinen Kind, das seine Mutter aus dem Kinderwagen heraus fragte: „Mama, weißt du was Gott ist?“ Und als die Mutter verneinte, antwortete es: „Aber ich weiß es. Soll ich es dir sagen?“ Amüsiert sagte die Mutter: „Na, dann erzähl mir mal, was Gott ist.“ Und das Kind begann: „Gott ist eine große Kugel aus Licht und Liebe. Und immer, wenn wir in diese Welt gehen, gibt er uns davon ein Stück mit.“ Irgendwie hatte mich diese Geschichte berührt und sie hatte etwas Tröstliches, nie allein und nie ohne Licht und Liebe in dieser Welt zu sein. Und daß sie aus dem Mund eines kleinen Kindes kam, verlieh ihr umso mehr Gewicht und Wahrheit. Die Putzfrau schaute mich mit großen Augen an und sagte: „Du wie deine Mann, gute Seele.“

An Gerards letzten Tag in dieser Welt saß ich am späten Nachmittag am Fenster und schaute in den tristen Innen­hof, in dem ein vertrocknet wirkendes Bäumchen vor sich hin kümmerte. Ich wollte zwar gern seine Hand halten, wenn der Moment gekommen war, aber seitdem ich wusste, dass er diesen Augenblick bestimmte, war ich ruhig geworden und überließ es dem Schicksal. Außerdem konnte ich ja auch nicht beständig neben seinem Bett sitzen und darauf warten. Und plötzlich, ohne daß ich wusste, warum, stand ich auf und ging hinüber an sein Bett, als habe er mich gerufen. Er war nicht wach, hatte sich auch nicht bewegt oder sonst irgendetwas von sich gegeben, aber es hatte mich zu ihm gezogen, wie eine Marionette am Faden, und ich nahm seine Hand und setzte mich zu ihm. Sie fühlte sich warm an und weich. Ich hatte seine Hände immer so geliebt, sie hatten sich so gut angefühlt, so lieb und tröstlich. In dem Augenblick wusste ich, dass er mich tatsächlich innerlich gerufen hatte, weil dies der Moment war, in dem er starb und er wollte mich dabei haben. Ich wurde innerlich ganz still, fühlte mich tief geehrt und schaute ihn nur an, hielt seine Hand und beobachtete, wie sein Atem immer leiser und weniger wurde und irgendwann ganz aufhörte. Noch nie in meinem Leben habe ich einen stilleren und heiligeren Moment erlebt. Als sich sein Brustkorb nicht mehr bewegte und seine Hand langsam kühler wurde, spürte ich, daß das ganze Zimmer so voller Gerard war, wie es seine Anwesenheit im Körper zu Lebzeiten niemals erfüllt hatte. Ich fühlte seine Anwesen­heit stärker als je zuvor. In diesem besonderen Augenblick fühlte ich weder Trauer noch Schmerz, sondern war eigent­lich nur froh, dass er nicht mehr leiden musste. Je mehr ich seinen Körper anschaute, der da vor mir im Bett lag, desto mehr erschien er mir wie eine leere Hülle, ein verlassenes Haus ohne Leben. Ich konnte auch immer weniger finden, daß das, was da noch im Bett lag, mein geliebter Gerard war. Das, was ich meinte, wenn ich an ihn dachte, das, was ich liebte, sein innerstes Wesen, seine eigene Art, seine Seele, bewohnte diese Hülle nicht mehr. Aber das, was ich im Zimmer spürte, diese Präsenz seiner typischen Art, diese fröhliche, lausbubenhafte Leichtigkeit, das war ganz er, beinahe noch mehr als zu Lebzeiten. Mir kam in den Sinn, wie schockiert ich in jüngeren Jahren während einer Indienreise einmal war, als ich in Benares am Ganges einen Riesentrubel wie eine Party mitbekam, während links und rechts neben mir die Körper der Toten in den Ghats verbrannt wurden. Auf meine Frage, was denn der Lärm bedeute, antwortete mir damals ein Inder: „Wir feiern, dass die Seele frei ist.“ Und genauso fühlte es sich jetzt an. Ich hatte förmlich das Gefühl, als singe, tanze und springe Gerards Seele überglücklich im Zimmer herum – endlich frei. Ich blieb noch eine ganze Weile still bei ihm sitzen und tat gar nichts. Ich hatte sogar, weil mein Verstand mir keine Ruhe gelassen hatte, seine Halsschlagader gefühlt und da sie nicht mehr pulsierte, war klar, dass er nun also tatsächlich tot war. Oder vielmehr sein Körper war tot, lag wie ein leeres Schneckenhaus vor mir im Bett, während ich ihn im ganzen Zimmer spürte. Ich musste weder weinen noch war ich unglücklich oder traurig, höchstens ein biss­chen erschöpft, aber erleichtert und froh, ihn nicht mehr leiden zu sehen. Nach einer Weile ging ich dann hinaus und suchte jemanden von der Station, um zu sagen, daß mein Mann jetzt gestorben sei. Die erste, die ich traf, war jene junge Schwesternschülerin, die mir das Rosenöl gebracht hatte. Das war sicher kein Zufall und ich war froh, ihr zu begegnen. Sie gab im Schwesternzimmer Bescheid und nach einer Weile kamen noch zwei andere Schwestern und sehr still und ruhig wurden die Kanülen der Morphium­pumpe abgemacht und weggebracht. Alle verhielten sich auf eine sehr feine und achtsame Weise ruhig und still. Die junge Schwesternschülerin fragte mich sogar, ob ich mei­nen Mann mit ihr zusammen waschen wolle und froh stimmte ich zu. Gemeinsam verrichteten wir diesen letzten Dienst und es war weder unangenehm noch schmerzhaft oder sonderbar, sondern erschien mir ganz natürlich und eine weitere Gelegenheit, meiner großen Liebe Ehre und Achtung erweisen zu können. Eigentlich war ich fast glücklich, denn er sah so friedlich aus und obwohl er im Gesicht stark abgemagert war, strahlte es irgendwie von innen heraus. Für mich sah er auf anrührende Weise bei­nahe überirdisch schön aus. Wir zerschnitten ein Hemd und eine Hose und kleideten ihn damit so gut es ging an, das junge Mädchen faltete seine Hände und dann steckte sie noch eine der Rosen aus dem Zimmer dazwischen. Sie fände dies immer einen besonderen Moment, sagte sie, so still und so tief. In ihrer Ruhe sähen die Toten so schön aus.

Als sie mich fragte, ob sie meinem Mann nun hinunter in die Leichenhalle bringen sollte, sagte ich intuitiv und beinah empört, nein. Die ganzen letzten Tage hatte ich nachts neben ihm im Zimmer gelegen und kaum geschlafen, weil ich immer auf seinen Atem horchte. Diese letzte Nacht wollte ich mit ihm zusammen verbringen und dachte nur, daß ich jetzt endlich schlafen könnte, weil ich nicht mehr auf seine Atmung horchen müsste. Ich wollte, daß er erst am nächsten Morgen hinuntergebracht werden sollte. Sie sagte, das ginge und ließ uns allein.

 

Ich zündete eine Kerze an und setzte mich ans Fenster, als mich plötzlich der Gedanke bedrängte, ihm aus einem be­stimmten Buch vorzulesen, das er immer sehr gemocht hatte. Ich hatte das Gefühl, er wolle das so und obwohl ich Goethes Faust nicht so mochte, schlug ich ihn auf und las ihm daraus vor, bis ich das Gefühl hatte, es war genug.

Danach machte ich mich bereit und legte mich schlafen. Vor Erschöpfung schlief ich schnell ein und als ich morgens erwachte, erinnerte ich mich überdeutlich an einen einzigen vorherrschenden Traum, den ich die ganze Nacht lang hatte. In diesem Traum war Gerard wie ein Lausbub die ganze Nacht im Zimmer umhergehüpft, hatte getanzt, gesungen, gelacht und gepfiffen, hatte so vor Fröhlichkeit und Glück gestrotzt, dass die Botschaft für mich eindeutig und klar war. Es ging ihm gut, er war gut angekommen auf der anderen Seite und er war so glücklich, dass er vor Freude tanzte und lachte. Jetzt war seine Seele endlich frei vom Körper, der Krankheit und den Schmerzen.

Ich fühlte mich durch diesen Traum beschenkt und konnte gar nicht richtig traurig sein, daß mein Mann nun gestorben war. Immer noch fühlte ich mich wie in Watte eingehüllt, behütet und umringt von unsichtbaren Kräften, wie in Engelsflügeln geborgen und in der Gewissheit, daß es meinem geliebten Gerard gut ging, wo auch immer er jetzt war. Ich hatte mich zwar früher viel mit Religionen be­schäftigt, war auf Sinnsuche sogar bis nach Indien ge­fahren und hatte viel gelesen und mir angeschaut, doch es war immer mehr ein Wünschen, Glauben und Hoffen gewesen, nie wahre Gewissheit. Doch jetzt war mir einfach von innen heraus klar, was die Augen sehen, ist Wissen, aber was das Herz weiß, das ist Gewissheit. Und ich wusste, in meinem Herzen, es ging ihm gut. Das war alles, was ich wissen und fühlen musste, nichts anderes wollte ich für die große Liebe meines Lebens, als daß er frei und glücklich wäre. Ich fühlte mich nicht einmal allein, denn ich spürte seine Anwesenheit ja noch immer und sie hat mich seitdem nie verlassen. Auch jetzt noch ist er immer bei mir. Später begegnete ich dann hellsichtigen Menschen, die mir sagten, dass jemand neben mir stünde, an meiner linken Seite, genau dort, wo ich ihn fast immer spüre. Aber eins der allerschönsten Erlebnisse im Zusammenhang mit sei­nem Tod war, dass am nächsten Morgen, als ich am Fenster saß und in den Innenhof schaute, ein Rotkehlchen geflogen kam und sich aufs Fensterbrett setzte, ganz nah. In diesem tristen Innenhof, wo ich nie zuvor irgendein Tier gesehen hatte, saß nun das Rotkehlchen und schaute mich durch die Fensterscheibe aus seinen runden dunklen Äuglein an, als wollte es sagen: „Ich weiß nicht, was ich hier soll, aber ich musste herkommen, als Zeichen für dich.“ Das war so süß und rührend, daß es extra für mich ge­kommen zu sein schien, um mich zu grüßen, zu trösten und mir Botschaft von meinem Liebsten zu bringen. Daß nichts verloren ist, daß das Leben weitergeht, wir uns wieder-sehen und dass er immer bei mir ist. Das war für mich wie ein Wunder und es ist mir seither ein Zeichen geblieben, denn immer wieder taucht irgendwo in meinem Leben ein Rotkehlchen auf, auf einem Gartenzaun, bei einer Wanderung oder in meinem eigenen Garten und jedes Mal freue ich mich zutiefst, wenn ich es sehe. Für mich ist es wirklich der Bote, daß es weitergeht und ich empfinde jetzt viel mehr Lebensfreude als früher.

  

Allein die vier Jahre, die ich mit meinem Mann zusammen verbringen konnte, waren so erfüllt und wunderschön, voller Freude und Liebe, daß ich einfach nicht klagen kann. Manche meinen zwar, daß es bedauernswert sei, daß ich die Liebe meines Lebens schon so früh verloren habe, daß wir mehr Zeit miteinander hätten verbringen sollen und es ungerecht sei. Aber seltsamerweise, so sehr ich mich auch durchforsche, unsere gemeinsame Zeit war so voll und erfüllt, daß mir nichts fehlt. Ich habe das Gefühl, alles in meinem Leben schon gehabt zu haben, weshalb ich nicht unglücklich oder unzufrieden sein kann. Alles, was ich mir je an Liebe, Gemeinsamkeit, Glück und Freude gewünscht und erträumt habe, habe ich bereits gehabt. Ich fühle mich reich beschenkt und sogar noch mit seinem Tod hat mich Gerard beschenkt. Denn dadurch erst habe ich meine Hellfühligkeit entdeckt und sie auch angenommen, als Fähigkeit, in der ich mich jetzt weiter übe, um damit vielleicht auch anderen einmal helfen zu können, so wie ich soviel wunderbare und unerwartete Hilfe erhalten habe.

Bei allem, was ich jetzt erlebe und entdecke, ist er bei mir, ich spüre ihn noch immer, und mittlerweile kann ich mich sogar schon ein wenig mit ihm austauschen. Ich träume von ihm oder sehe ihn, höre seine Stimme, wie er mir etwas sagt, lacht oder mich sanft berührt. Das tut mir gut und ich bin froh darüber. Sein größtes Geschenk an mich, im Moment seines Todes, war, daß ich endlich auf mein Inneres hören lernte und meiner Intuition mehr und mehr vertraue. Endlich habe ich begriffen, daß der Schlüssel und Zugang zur unsichtbaren geistigen Welt im eigenen Inneren und im Gefühl liegt und daß der Verstand es nicht ergreifen kann. Er kann sich höchstens ergreifen lassen, wenn das Herz berührt wird und tief in sich Gewissheit spürt.

 

 

 

 

Körperelementarwesen

 

In einer meiner Wahrnehmungsgruppen sitze ich zusam­men mit einer Heilpraktikerin und einem homöopathischen Arzt, der C 4 Homöopathie und C 4 Verreibungen macht. Ich wollte immer gern einmal an einer Verreibung teilnehmen, doch bisher hatte es terminlich noch nie geklappt. Dann ergab es sich, daß wir alle zusammen eine Woche ins Haus der Heilpraktikerin am Lago Maggiore fuhren, um zusammen eine Woche Urlaub zu machen, dort miteinander medial zu arbeiten und uns einfach einmal besser und näher kennenzulernen. Das Haus war wunder­schön gelegen, mit Blick auf den See und der Garten war nachts beleuchtet, so daß ich mir wie in einem verzau­berten kleinen Paradies vorkam.

 

Auch eine Verreibung war geplant. An einem sehr heißen Nachmittag war es dann soweit, ich saß mit dem homöopathischen Arzt zusammen vor der Verreibe­schüssel und wir verrieben die weiße Rose. Die anderen waren entweder zu müde oder doch nicht in der Laune dazu. Es waren also nur wir zwei, wir legten uns Papier zum Auf­schreiben der Wahrnehmungen nebenhin und verrieben. Alles, was ich an Bildern, Wahrnehmungen, Ideen, Sätzen, Worten usw. empfing, notierte ich und hinterher verglichen wir unsere Blätter miteinander, indem wir es uns gegen­seitig vorlasen. Das war wirklich spannend, zumal wir viele Übereinstimmungen hatten. Bei mir erschien fast das ganze Pantheon von Maria bis hin zu Jesus und ich hatte auch mehrmals Bilder von  Amazonasindianern, die noch ganz im Einheitsbewußtsein leben. Das aus dieser Verreibung entstandene Arzneimittel erwies sich als ein universelles Traumamittel und bringt gleichzeitig Verbindung zur universellen Liebe und dem kosmischen Einheitsbe­wußt­sein. Es war eine spannende und interessante  Erfahrung, da­ran mitwirken zu dürfen.

Scheinbar war der homöopathische Arzt von meinen Wahr­nehmungen angetan, denn nach unserem gemeinsamen Urlaub schickte er mir plötzlich Patienten, schwierige Fälle, in denen er mich um Wahrnehmungsarbeit bat. Als der erste Patient tatsächlich, wie avisiert, bei mir anrief, wusste ich noch nicht, worauf ich mich da einließ. Aber ich fand es interessant und eine gute Gelegenheit, endlich einmal praktische Anwendung der Wahrnehmungsarbeit, mit hof­fentlich gutem Nutzen für die Patienten, machen zu können.

Der erste Patient war ein vierzehnjähriger Junge. Sein  Vater rief mich an, weil der Junge bereits die dritte trans­plantierte Niere hatte und es jedes Mal Probleme mit dem Spenderorgan gab, so auch jetzt wieder. Da ich nicht ohne Auftrag arbeite, bat ich den Vater, dem Jungen in einfachen Worten zu erklären, was ich machte, nämlich hellsichtig hineinzuschauen, was mit der transplantierten Niere los sei. Erst wenn ich das Ok des Jungen hatte, wollte ich eine Wahrnehmungssitzung machen. Gegen den Willen des Jungen, nur auf Wunsch des Vaters hin, wollte ich nicht arbeiten. Für mich gehört das Einverständnis unbedingt dazu, denn ungefragt schaue ich nicht in einen anderen Menschen, dessen System oder Aura hinein. Nach ein paar Tagen rief der Vater wieder an und sagte, der Junge habe ja gesagt.

Gemacht hatte ich das so allerdings vorher noch nie, es war das erste Mal für mich und somit auch Neuland. Ich setzte mich hin wie in unseren Wahrnehmungsgruppen, verband mich mit Erde und Himmel, öffnete meinen Solarplexus und adressierte mich an das System des Jungen. Dazu nannte ich intuitiv dreimal seinen Namen, wandte mich dann an die transplantierte Niere und fragte, was los sei.

Zu meiner eigenen Überraschung sah ich daraufhin innerlich ein kleines Männchen, ähnlich einem Wichtel mit spitzer Mütze, geschäftig hin- und herrennen. Im selben Augenblick erinnerte ich mich, einmal in einem anthro­po­­sophischen Buch über Elementarwesen gelesen zu haben, daß es auch im menschlichen Körper Elementarwesen gäbe. Mir war sofort klar, daß dies das Körperelementar­wesen des Jungen war. Es war offensichtlich vielbeschäftigt und schien die Arbeit kaum zu schaffen. Als es mich be­merkte, schaute es mich direkt an, gestikulierte heftig mit den Armen und ich hörte es sagen: „Ich schaffe das nicht.“ Es war auch viel Ärger und Aufgebrachtheit zu spüren, die aber nicht von dem Körperelementarwesen auszugehen schien.

Ich fragte, ob ich helfen könne und vielleicht Heilenergie geben? Daraufhin nickte das Körperelementarwesen mit dem Kopf und ich gab in meiner Vorstellung fünfzehn Mi­nuten lang Fernheilenergie durch imaginiertes Handauf­legen. Danach schienen sich die Situation und das Körperelementarwesen etwas beruhigt zu haben. Ich fragte weiter, was denn in dieser Situation noch helfen könne?

Als Antwort zeigte das Körperelementarwesen mit seiner Hand in eine bestimmte Richtung, von wo der Ärger im Or­gan, mit dem er so zu schaffen hatte, herzukommen schien. Und kaum folgte ich mit meinem Blick dem Zeigefinger des Elementarwesens fühlte ich mich auch schon wie auf magnetischen Schienen, direkt ins Jenseits zum Spender des Organs hingezogen. Es war eine Frau, die aufgebracht und voller Ärger im Kreis herumlief und immer wiederholte: „Man hat mich nicht gefragt.“

Ich war einigermaßen erstaunt, denn ich dachte immer, daß man als Organspender sein Einverständnis geben müsse. Aber in diesem Fall war es offensichtlich anders gelaufen. Vielleicht hatte die Frau sich nie darum Gedanken gemacht, sich auch bei ihren Angehörigen nie dafür oder dagegen geäußert, so daß diese nach ihrem Tod eben so entschie­den hatten, wie sie selbst dachten.

Ich entschuldigte mich spontan bei ihr und sagte ihr, daß ich wisse, daß der Organempfänger das so sicher nicht gewollt hätte und daß er davon gar nichts wüßte. Denn der Vater hatte mir erzählt, sie hätten sogar nach der Trans­plantation versucht, Kontakt mit der Familie des Spenders aufzunehmen, aber das Krankenhaus hätte da keinerlei Auskunft gegeben Sie hatten also auf gut Glück einen Dan­kesbrief geschrieben und im Krankenhaus abgegeben, in der Hoffnung, daß er die Familie des Spenders erreichte. Ich berichtete der Frau auch, daß der Junge froh war, mit ihrer Niere weiterleben zu können und sicher auch sehr dankbar, ebenso wie sein Vater. Daraufhin beruhigte sich die Frau etwas und blieb endlich stehen. Sie schien sich aber beständig dorthin zu fassen, wo vorher ihre Niere ge­wesen war. Ich hatte den Eindruck, sie fühlte sich nicht komplett, weil ihr gegen ihren Willen etwas weggenommen worden war. Und sie schien außerdem zu glauben, daß sie deswegen nicht weiterkönne, weshalb sie immer im Kreis herumgelaufen war. Als glaubte sie, mit nur einer Niere könne sie nicht in den Himmel kommen.

Ich erinnerte mich daran, daß mein Onkel im Krieg ein Bein und einen Arm verloren hatte und trotzdem immer noch über Jucken und Kribbeln im nichtvorhandenen Bein ge­klagt hatte.

Also sagte ich zu ihr, daß sie im ätherischen Körper immer komplett sei, egal, was man ihr an Organen entnommen habe und außerdem sei die Seele immer ganz und heil, da sie Teil Gottes ist. Sie könne also beruhigt in den Himmel und ins Licht gehen, wenn sie das wünsche und außerdem solle sie sich einmal nach Hilfe umschauen. Bestimmt seien um sie herum ihre Geistführer, ihr Schutzengel und noch andere Engel oder Wesen, die ihr alle helfen wollten. Nur müsse sie darum bitten, weil die Engel ungebeten nicht eingreifen und helfen dürfen. Das schien sie noch einmal mehr zu beruhigen und ihr ganzer Ärger, der über die immer noch bestehende Verbindung weiter in das Organ geflossen war, schien zu versiegen.

Ich versprach ihr auch, dem Vater des Jungen, der mich eingeschaltet hatte, davon zu berichten und darum zu bitten, ein kleines Ritual für sie zu machen. Sie würden sicher gern eine Kerze für sie anzünden, sich zusammen davor hinsetzen und an sie adressieren, sich bei ihr be­danken und ihr selbst sagen, daß es ihnen leid tat, wenn die Organspende gegen ihren Willen abgelaufen sei. Sie hatten ja nichts davon gewußt und waren jetzt nur froh und dankbar, dass der Junge dank ihrer Niere weiterleben konnte.

 

Das schien sie zu freuen und ich spürte Entspannung in der ganzen Situation. Im Grunde schlug ich das Ho’oponopono Ritual der Vergebung von den hawaianischen Heilern vor. Ich hatte das Gefühl, daß damit fürs Erste etwas gelöst war. Ich dankte also der Frau noch einmal und verabschiedete mich. Damit landete ich wieder bei dem Körperelementar­wesen, bei dem ich mich auch bedankte und verab­schie­dete.

Meine erste Wahrnehmungssitzung für einen Patienten war also erstaunlich interessant gelaufen und hatte ein für mich recht plausibles Ergebnis zutage gefördert. Ich besprach das Ergebnis zuerst mit dem homöopathischen Arzt, der das alles sehr interessant fand. Aufgrund meiner Schil­derungen fielen ihm nun ganz andere homöopathische Mittel ein. Er hatte während unseres Telefonats meine Aus­sagen nachgependelt und kam dabei zu denselben Ergebnissen. Dann erzählte er mir noch ein paar Details, von denen ich vorher nichts gewußt hatte. Eigentlich weiß ich am liebsten möglich wenig, damit ich auch sicher bin, daß es tatsächlich meine Wahrnehmungen sind und nicht bereits erfahrene Details, die dann evtl. mein Kopf hinzu­fügt. In diesem Fall gab das Geschilderte mir aber Anlaß zu einer weiteren Sitzung. Denn es war bereits die dritte trans­plantierte Niere, die der Junge erhalten hatte, mit den beiden vorigen hatte es auch schon Probleme gegeben. Er sei schon mit Schrumpfnieren zur Welt gekommen und man hatte diese nicht entfernt, sondern die neue Niere dazu trans­plantiert. 

Ich setzte mich also für eine weitere Wahrnehmungssitzung hin und adressierte mich diesmal an die beiden im Körper verbliebenen Schrumpfnieren. Wieder sah ich zwei Körper­elementarwesen, die sich mir gegenüber aber ganz ab­lehnend verhielten. Sie standen mit verschränkten Armen da, schauten sich verschwörerisch an und sagten zu mir: „Nein, wir sagen dir nichts.“ Es fühlte sich wie etwas Altes an, irgendein Geheimnis oder eine alte Schuld aus ver­gangenen Leben. Ich fragte, ob ich helfen und vielleicht Heilenergie geben dürfe? Daraufhin nickten die beiden mit dem Kopf und ich gab fünfzehn Minuten lang Fern­heilenergie. Danach schien sich die Situation verbessert zu haben, denn die beiden Körperelementarwesen sahen sich nun wieder an und sagten dann: „Ok, wir zeigen dir, was los ist.“.  Daraufhin kam in mir die Wahrnehmung von Schuld auf, irgendein altes tiefsitzendes Schuldgefühl. Ich hatte das Gefühl, daß der Junge an irgendetwas schuld war oder sich schuldig fühlte. Als ich in diesem Gefühl war, spürte ich an meiner linken Seite ein sehr helles, lichtes und wunder­schönes Wesen wie einen Engel, das voller Liebe für den Jungen war. Sogleich hatte ich den Eindruck, daß es die Mutter des Jungen war, die vielleicht bei seiner Geburt ge­storben war, weshalb er sich an ihrem Tod schuldig fühlte.

Ich musste daran denken, daß es der Vater gewesen war, der mich angerufen und eingeschaltet hatte, nicht die Mutter. Von ihr war bisher noch überhaupt nicht die Rede gewesen und ich wußte gar nichts über sie. Möglicherweise war sie ja tatsächlich bei der Geburt des Jungen gestorben. Ich beschloß, darüber mit dem Arzt zu sprechen, um Näheres herauszufinden. Ich bedankte mich bei den beiden Kör­per­elementarwesen und verabschiedete mich von ihnen.

Danach adressierte ich mich noch an das Immunsystem des Jungen, da es ja meist zu Abstoßungsreaktionen des Körpers gegen ein fremdes Organ kommt und die Zusam­menarbeit zwischen dem Immunsystem und dem neuen Organ nicht optimal funktioniert. Daraufhin sah ich ein etwas trauriges, düsteres Bild eines Jungen, der sehr allein war. Er ging kaum raus, war viel in seinem Zimmer, las oder spielte Computerspiele, lag müde auf dem Bett und hatte wenig Lebenswillen und kaum Freude.

Ich fragte: „Was hilft?“ Daraufhin sah ich einen Aquarell­kasten, der als Geschenk zu ihm kam und womit er malen lernte, schöne, bunte und fröhliche Bilder. Dann sah ich einen kleinen, noch jungen Hund mit falbenfarbigem Fell, ähnlich einem goldenen Retriever, der ebenfalls als Ge­schenk zu ihm kam und ihm half, mehr Freude und Lebens­willen zu entwickeln. Ich fragte weiter, ob ich helfen und vielleicht Heilenergie geben dürfe und bekam ein Ja. Dann gab ich wieder fünfzehn Minuten Heilenergie und beendete die Sitzung, als ich das Gefühl hatte, die Situation habe sich verbessert.

Da ich gern überprüfe, was ich wahrnehme, schlug ich im Buch „Biologisches Heilwissen“ des Heilpraktikers Rainer Körner nach, bei dem ich auch ein Seminar dazu gemacht hatte. Er hat die Erkenntnisse des etwas umstrittenen Doktor Hamer in neutrale Form gebracht, die Organe und Körpersysteme nach Gehirnregionzugehörigkeit geordnet und man kann so zu jedem Organ gleich das übergeordnete Thema finden. Die Nieren haben viel mit Über­leben, Selbstwert und auch mit Schuld zu tun. Was ich im Buch dazu fand, paßte für mich stimmig zu dem Fall.

Als ich danach wieder mit dem Arzt telefonierte und ihm meine Wahrnehmungen mitteilte, erzählte er mir, daß die Mutter des Jungen noch lebe, die Eltern aber geschieden seien. Er verbringe die Wochenenden beim Vater oder bei den Großeltern. Die Mutter interessiere sich überhaupt nicht für die Hintergründe der gesundheitlichen Probleme des Jungen. Sie wollte nur, daß die Ärzte das mit Medika­menten oder sonstwie in Ordnung brachten, glaubte also stark an die Macht der Medizin. Den Bemühungen des Vaters, dem Sohn mit Homöopathie oder gar Hellsehen zu helfen, stand sie ablehnend gegenüber und hielt davon gar nichts. Da die Mutter noch lebte, mußte es sich um die Mutter aus einem früheren Leben handeln, denn ich hatte ja auch die Wahrnehmung von etwas Altem, aus vergangenen Inkarnationen, gehabt. Der Arzt hatte meine Aussagen wieder während unseres Telefonats mit dem Biotensor nachgependelt und bestätigte mir diese Wahrnehmung. Laut Pendel war es vor fünf Inkarnationen gewesen. Das fand ich eine lange Zeit, um sich mit so einer alten, unauf­gelösten Schuld herumzuschleppen. Immerhin war ich aber in der Sache einige Schritte weitergekommen.

Ich telefonierte also daraufhin mit dem Vater und schilderte ihm meine Wahrnehmungen. Er war ausgesprochen aufge­schlossen und fand alles sehr plausibel. Bezüglich des transplantierten Organs hatte er selbst schon das Gefühl gehabt, daß an der ganzen Sache irgendetwas mehr als schwierig war, weit über die normale körperliche Ab­stoßungsreaktion hinaus. Er berichtete mir auch, daß meine inneren Bilder vom dem traurigen Jungen, der kaum raus­ging, kaum Freunde und wenig Lebensfreude hatte, stimmten. Deshalb war er auch angetan von der Idee des Aquarellkastens und sogar des kleinen Hundes. Er erzählte mir, sein Sohn habe z.Zt. eine junge Katze, um die er sich sogar rührend kümmere, was keiner gedacht hatte. Ein Hund ist aber noch einmal etwas anderes, denn Hunde sind treu und loyal ihrem Herrn gegenüber und nicht wie eine Katze unabhängig, freiheitsliebend und eigenwillig. Ich er­zählte dem Vater daraufhin eine Geschichte, die ich einmal gelesen hatte, wie der Hund zum Menschen kam.

Nachdem Gott den Menschen auf seine Reise in die Welt entlassen hatte, rief er alle Tiere zu sich und fragte sie, wer bereit sei, dem Menschen dabei zu helfen. Da traten ver­schiedene Tiere vor und boten an, den Menschen zu be­gleiten und ihm bei seiner Aufgabe in der Welt mit ihren besonderen Eigenschaften zu helfen. Zum Schluß trat auch der Hund vor und sagte: „Ich will dem Menschen helfen, indem ich ihm immer treu und loyal gegenüber bin, um ihn damit daran zu erinnern, daß er sich selbst gegenüber, seinem wahren inneren Selbst, auch immer so treu und loyal ist.“

Die Geschichte berührte den Vater sehr und er verstand, was damit gemeint war. Ich sagte ihm, daß ich den Eindruck habe, es gebe diesen Hund schon und er wolle in das Leben des Jungen kommen, um ihm zu helfen. Viel­leicht würden sie dem Hund demnächst begegnen, in einem Tierheim oder vielleicht auch bei einem Züchter. Sie sollten nur einmal einen Schritt in diese Richtung unter­nehmen, damit der Hund auch zu ihnen kommen könne. Von der Idee war der Vater angetan ebenso wie von dem kleinen Ritual für den Spender der Niere, das ich vorge­schlagen hatte. Auch den Aquarellkasten wollte er für den Jungen kaufen, damit er malen könne und etwas Farbe und Lebensfreude in sein Leben kam, denn er hatte aufgrund seines Gesundheitszustandes, der ständigen Müdigkeit und seines aus den Immunproblemen und Abstoßungsreak­tionen resultierenden, etwas unansehnlichen Aussehens, auch keine Freunde. Ich erklärte dem Vater noch, daß es wichtig sei, ohne Leistungsanspruch oder Druck zu malen und die Malereien nicht zu bewerten oder mit anderen zu vergleichen. Es ginge nur darum daß der Junge ein Mittel habe, um in seinen Seelenausdruck zu kommen. Er solle einfach nur malen, Farbe benutzen, dabei mehr in die Lebensfreude kommen und fließen lassen, egal, was dabei herauskäme. So ähnlich wie beim Auragrafmalen, das sich ja auch nicht an Perspektive, Tiefe, Gegenständlichkeit oder sonstigen Kriterien der Malerei orientiert, sondern nur der Wiedergabe inneren Empfindens und dessen Ausdruck dient.

 

Außerdem sagte ich dem Vater, daß sich der Junge an irgendetwas schuldig fühle, weshalb er so einen geringen Lebenswillen habe. Das unbewußte Gefühl dahinter ist immer, zu glauben, daß man das Leben nicht verdient habe. Aber jeder hat sein Leben verdient, sonst hätte er es nicht! Und selbst wenn wir inkarnieren, um irgendetwas wiedergutzumachen, was in früheren Leben zu Leid geführt hat, so ist doch das Motiv dieser Inkarnation schon zum Positiven ausgerichtet, nämlich dem Wiedergutmachen. Und dieses Gefühl wird immer eine energetische Antwort anziehen, da seine Ausstrahlung zur Liebe hin geht. „Wir ernten, was wir säen“, heißt es so treffend in der Bibel. Was wir also aussenden, erhalten wir zurück. Und wir können immer wählen, was wir aussenden. Selbst wenn wir einmal Ungutes ausgesendet haben, können wir es in jeder neuen Sekunde durch einen neuen, besseren Gedanken oder ein neues, besseres Gefühl ersetzen. Entscheidend ist das Motiv hinter unseren Absichten. Und nicht umsonst gibt es den Begriff der Gnade. Dazu heißt es in der Bibel, „wenn wir dem Vater nur einen Schritt entgegengehen, kommt er uns zwei Schritte entgegen“. Es lohnt sich also, an sich zu arbeiten, um immer mehr Gutes, Schönes und Liebevolles in unser Leben zu ziehen durch das, was wir aussenden.

Und letztlich sei es im Fall des Jungen gleichgültig, was genau das Gefühl der Schuld beinhalte und ob es aus diesem oder einem früheren Leben sei, ob es nun die Scheidung der Eltern, an der Kinder sich auch oft schuldig fühlen, oder etwas anderes sei. Wichtig sei nur, daß er dem Jungen einmal bei einer passenden Gelegenheit sage, daß er an nichts schuld sei! Es sei gut, wenn der Junge das einmal höre, damit er sich aus seinen Verstrickungen in Schuldgedanken lösen könne. Egal, ob er das jetzt schon verstehe oder nicht. Unser Unterbewußtsein bewahrt jedes Wort und jeden Satz auf und zur rechten Zeit tauchen sie wieder auf und helfen, Lebenssituationen zu verändern. Aus dem Familienstellen weiß man, daß die Seele sich oft Schuld aus Liebe zum anderen auflädt, die gar nicht die eigene ist und die sie auch nicht tragen kann. So sind dann zwei Leben „blockiert“, das desjenigen, der die Schuld unberechtigterweise auf sich nimmt und so nicht in seine eigene Lebenskraft kommt, und das des anderen, wo die Schuld, wenn es denn überhaupt so etwas wie Schuld gibt, eigentlich hingehört. Denn auch dieser Mensch kommt dann nicht in seine Kraft und verliert sogar noch die Würde, das eigene Schicksal zu tragen, wie er es sich vor seiner Inkarnation ausgesucht hat, weil es ihm ein anderer abge­nommen hat. Und er kann dann auch seine eigene, selbst­gewählte Lebenslektion nicht lernen.

Wir haben uns ja alle unsere Lebensumstände vor unserer Inkarnation ausgesucht, um etwas zu erfahren oder zu lernen. Grundsätzlich lehne ich den Gedanken an Schuld allerdings ab, denn meiner Meinung nach gibt es nur Verantwortung und entweder man übernimmt die Verant­wortung oder man tut es nicht. Niemand anderer ist an irgendetwas schuld. Wir verursachen vielleicht etwas und das hat immer Konsequenzen, wie jedes Handeln in dieser polaren Welt Konsequenzen hat. Der Gedanke an Schuld aber trägt zugleich immer die Ohnmacht der Opferhaltung in sich, nichts tun oder ändern zu können, weil ja die anderen einen nicht lassen, verhindern oder einem etwas antun. Aber es gehören immer zwei dazu, wie bei allem. Einer, der etwas tut und der andere, der es mitmacht und geschehen läßt. Steigen wir also aus der Opferhaltung aus, in der wir nur ohnmächtig erleiden, was andere tun, dann können wir auch ins eigenschöpferische Tun kommen. Nämlich selbst etwas zu tun, etwas zu verändern. Und wie schwierig auch immer Lebensumstände sein mögen, wir haben immer noch die Wahl, WIE wir damit umgehen. Wir können in Liebe und Freude mit schwierigen Situationen umgehen, dann werden sie auch leichter und lösen sich schneller auf oder wir bleiben verhaftet in Mißmut, Widerstand und Ohnmachtsgedanken, die eine ganze Kette weiterer negativer Gedanken und Gefühle nach sich ziehen. Sogar ein Gefangener im Gefängnis kann immer noch seine Gedanken selbst bestimmen, ob er Gedanken der Rache, Wut und Aggression haben will oder lieber Gedanken der Freude, Liebe und Schönheit. Denn eine Sekunde bevor wir einen Gedanken denken, haben wir, wenn auch meist noch unbewußt, beschlossen, diesen Gedanken festzuhalten und wir können genauso be­schließen, einen anderen Gedanken festzuhalten und diesen zu denken. Den meisten Menschen ist aber gar nicht bewusst, daß sie in jeder Sekunde eine Wahl haben, gehe ich nach links oder gehe ich nach rechts, esse ich das jetzt oder esse ich das nicht, führe ich jetzt dieses Gespräch oder nicht. Und jede bewusst getroffene Wahl macht uns unendlich viel freier, weil wir in diesem Augenblick von unserem göttlichen Schöpfungspotential Gebrauch machen.